Die ersten Anfänge des in einem Verein betriebenen Fußballsports lassen sich für das Jahr 1887 in Erfurt nachweisen. Im M.T.V., dem Männer-Turn-Verein, wurde im Jahr 1887 eine Fußballriege gegründet. Diese Riege bestand aus ca. 20 Spielern, welche mangels Gegnerschaft in der Stadt jedoch nur gegeneinander spielten und daher keine Wettkampfspiele austrugen.

Im Zuge der langsam auch in Thüringen populärer werdenden Sportart Fußball kam es dann im Jahr 1895 in Erfurt zur Gründung des Cricket Club Erfurt, der ein Jahr später in Sportclub Erfurt 1895 umbenannt wurde.

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Schnell konnte der SC Erfurt die Fußballbewegung Thüringens über die Stadtgrenzen hinausgehend positiv beeinflussen. Dies wird daraus ersichtlich, dass die einzigen Thüringer Vertreter bei der Gründungsveranstaltung des Deutschen Fußballbundes am 28.1.1900 in Leipzig vom SC Erfurt und von dem 1899 gegründeten Germania Mühlhausen kamen.

Die Fußballriege des M.T.V. hatte ihre Platzanlage auf dem Erfurter Petersberg, welche jedoch nicht auf die Nutzung durch Fußballer ausgelegt war. Die Spieler mussten die Torbalken vor jedem Training und vor jedem Wettkampf erst aus der Gaststätte „Goldenes Einhorn“ am Domplatz holen. Dort waren sie im Hof angebunden und mussten anschließend den Petersberg hinauf zur Spielstätte getragen werden.

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Wesentlich leichter hatten es dagegen die Spieler des SC Erfurt, denn seit 1903 verfügte der Club über eine komfortable Anlage auf der Daberstedter Schanze (heute Erfurter Stadtpark).

Um die Jahrhundertwende kam es dann in Erfurt zu vielen Neugründungen von Fußballvereinen, so u.a. von Britannia, Teutonia, Germania, Borussia, Concordia, Allemannia, Normannia, Erfordia, Wacker, Einigkeit oder Frischauf. Es wurde in dieser Zeit mit wenig Regeln gespielt, oftmals wurden eigene Spielregeln des jeweiligen Vereins oder der Mannschaft aufgestellt, und die Teilnahme am Training oder an Wettkampfspielen richtete sich meist nach Lust und Zeit. Nicht der Wettkampfgedanke stand im Vordergrund, sondern der Reiz des in Deutschland noch neuen Spiels am Ende des ersten Jahrzehnts des 20. Jahrhunderts nicht zu dem noch zu beschreibenden Aufschwung des Jenaer Fußballs gekommen.

Bis dahin hatte der SC Erfurt im Thüringer Fußball die dominante Stellung inne. Siebenmal in Folge, von 1903 bis 1909, wurden die Erfurter Gaumeister Thüringens. Im Jahr 1908 konnte sich der SC Erfurt vor dem FC Carl Zeiss Jena platzieren. Nachdem im Jahr 1908 erstmals an der Mitteldeutschen Meisterschaft teilgenommen wurde, gewann man diese ein Jahr später.

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Dies war für lange Zeit der höchste Erfolg. Bei den späteren achtmaligen Qualifizierungen für die Endrunde um die Mitteldeutsche Meisterschaft konnte man den Titel jedoch nicht mehr wiederholen. Durch den 1908 errungenen Sieg nahm der SC Erfurt auch an der Endrunde um die Deutsche Meisterschaft teil und schaffte es hier sogar bis in das Halbfinale. Erst dort unterlag man dem späteren Deutschen Meister Phönix Karlsruhe.

Aufgrund der immer neuen Beitritte von Vereinen in den Verband Mitteldeutscher Ballspiel-Vereine (VMBV), der die Mitteldeutsche Meisterschaften ausrichtete, musste es zu strukturellen Anpassungen kommen. Daher erfolgte im Juni 1909 die Einrichtung einer Gaumeisterschaft Nordthüringen mit dem SC Erfurt. Die jeweiligen Meister der nach regionalen Gesichtspunkten gegliederten Gaumeisterschaften qualifizierten sich dann für die Endrunde der Gaumeisterschaft Thüringen, dessen Sieger wiederum für die Endrunde der Deutschen Meisterschaft qualifiziert war. Der SC Erfurt konnte seine dominierende Stellung auch in der Gaumeisterschaft Nordthüringen erhalten und wurde dort im zweiten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts vielfacher Meister, so 1911, 1912, 1914, 1917 und 1918. Seit 1910 spielte der Verein nicht mehr auf der Daberstedter Schanze, sondern auf einer eigenen Platzanlage unterhalb der Cyriaksburg (heutige EGA). Dieser Sportplatz wurde bis 1921 zu einem Stadion mit überdachter Tribüne, auf der ca. 600 Plätze waren, ausgebaut.

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Ein aufstrebender Konkurrent aus der eigenen Stadt, der vor allem in den 30-er, dann nach dem 2. Weltkrieg auch Ende der 40-er und in den 50-er Jahren eine starke Rolle in Erfurt spielte, erwuchs dem SC Erfurt damals mit der Spielvereinigung Erfurt. Ursprünglich 1902 unter dem Namen Teutonia Erfurt gegründet, fusionierte der Verein im Jahr 1912 mit dem FC Germania Erfurt zur SpVgg Erfurt. Sie konnte 1916 die Gaumeisterschaft Nordthüringen vor dem SC Erfurt für sich entscheiden.

Mit Beginn des Ersten Weltkrieges wurden die Spiele um die Mitteldeutsche Meisterschaft dann nicht mehr ausgetragen, weil es für die teilnehmenden Vereine immer schwerer und letztlich oftmals unmöglich wurde, eine komplette Mannschaft aufzustellen. In den Jahren des Krieges kam es dann auch in Thüringen zu den sogenannten Kriegsgaumeisterschaften. Die veranstalteten Spiele standen ganz im Zeichen der Kriegsfürsorge, hier wurde ein Teil der Einnahmen gespendet oder direkt zu den Soldaten an der Front geschickt. Beim Endspiel um die Kriegsgaumeisterschaft Thüringen spielte der SC Erfurt gegen den 1. SV Jena. Dieses Spiel fand am 17.5.1917 statt, Erfurt gewann nach einer fragwürdigen Schiedsrichterleistung letztlich mit 2:1. Das gleiche Finale fand ein Jahr später wieder statt, nun konnte der 1. SV Jena gegen den SC Erfurt mit 3:1 gewinnen.

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In Mitteldeutschland wurden nach dem 1. Weltkrieg bis zum Jahr 1933 wiederum die Mitteldeutschen Meisterschaften ausgetragen. In diesem Zeitraum dominierte neben Dessau 05 auch der 1. SV Jena. Fußball spielte in Erfurt nun nur noch die zweite oder gar dritte Rolle, wesentlich mehr Zuschauer kamen zu den Radrennen in das Andreasried. Der zurückgehende Erfolg in Mitteldeutschland war auch auf das Erstarken der innerstädtischen Konkurrenz zurückzuführen. In den 1920-er Jahren kam es, wie fast überall, vor allem zu Neugründungen von Arbeiter-Sportvereinen, z.B. Sportverein 08, Eintracht, Vorwärts, Sachsen. Vor allem aber gingen die besten Spieler der Stadt nun auch zur im Erfurter Norden ansässigen und oben bereits erwähnten SpVgg Erfurt. Die Mannschaft spielte in schwarzer Grundfarbe und hatte ihre Platzanlage zunächst hinter der Radrennbahn im Andreasried, zog dann aber in die Grubenstraße, wo u.a. extra eine Tribüne für die Fußballzuschauer gebaut wurde. Der SC Erfurt spielte in der Grundfarbe blau und hatte seine Platzanlage weiterhin unterhalb der Cyriaksburg, denn dort hatten die bereits erwähnten Baumaßnahmen zu einer großzügigen Platzanlage geführt. Es gab nicht nur eine Tribüne, sondern auch eine Aschenbahn, dazu zwei Zusatzplätze, Tennisplätze und Anlagen für die Erfurter Turnerschaft, sodass dort auch auf dem Rhönrad trainiert werden konnte.

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Aufgrund dieser mehr als ausreichenden Sportanlage und wohl auch, weil die Zuschauerzahlen in dieser Zeit eher gering waren, kam ein Umzug des SC in die neu gebaute Mitteldeutsche Kampfbahn, heute Steigerwaldstadion, nicht in Frage. Diese war am 17.5.1931 nach vierjähriger Bauzeit mit einem großen Fest eröffnet worden. Dafür hatten zahlreiche Schulen der Stadt ihren Schülern frei gegeben, damit diese sich als Zuschauer oder Aktive bei den turnerischen und gymnastischen Darbietungen einbringen konnten. Das Stadion wurde unmittelbar westlich des Südfriedhofs, heute Südpark, auf einer zuvor als Gemüse- und Blumenfeld genutzten Fläche angelegt. Die Mitteldeutsche Kampfbahn konnte zu damaliger Zeit 35.000 Zuschauern fassen, wesentlich mehr als die anderen Platzanlagen der Stadt. Eine architektonische Besonderheit konnte dieses Stadion bis zum Umbau 2015 aufweisen: Ein 7,50 Meter breiter Streifen zwischen der Laufbahn und den Zuschauerrängen. Dieser war für Pferdesport konzipiert worden und wurde bis zum 2. Weltkrieg in dieser Form auch genutzt.

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Mit der Einrichtung der SBZ spielte diese Art des sogenannten bürgerlichen Sports zumindest im Stadion keine Rolle mehr, später wurden dann weitere Anlagen der Leichtathletik in diese Fläche integriert (z.B. Kugelstoßen, Weitsprung), für die Fußballzuschauer war es aufgrund der sehr großen Distanz zwischen Rängen und Spielfeld eher hinderlich. 1934 wurde dann zusätzlich die dank mehrfacher Restaurierungen bis 1993 existierende Holztribüne errichtet.

Zwischen den beiden damals führenden Erfurter Mannschaften kam es in der Gauliga Nordthüringen in den 20-er und frühen 30-er Jahren zu einer Reihe von spannenden innerstädtischen Duellen. Die Meisterschaft konnte der SC Erfurt in dieser Zeit insgesamt viermal gewinnen, so 1924, 1927, 1932 und 1933, die SpVgg Erfurt dagegen fünfmal: 1922, 1925, 1926, 1929, 1930. Wie stark die SpVgg Erfurt geworden war, zeigte das Vordringen des Gaumeisters Nordthüringen bei der 1930 stattfindenden Endrunde der Mitteldeutschen Meisterschaften bis in das Halbfinale. Der SC Erfurt dagegen hatte seine einstige Stärke und Dominanz eingebüßt und musste sich der innerstädtischen Konkurrenz der SpVgg Erfurt und auch des VfB Erfurt erwehren.

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Dem aufstrebenden VfB Erfurt schloss sich zu dieser Zeit ein von Wacker Erfurt gekommener und für die Erfurter Fußballhochzeit in den 50-er Jahren sehr wichtiger Spieler an: Helmut Nordhaus. Nach zwei Plätzen im Mittelfeld der Tabelle stieg der SC Erfurt dann 1936 das erste Mal ab, schaffte zwar den sofortigen Wiederaufstieg, um dann umgehend erneut abzusteigen. Erst drei Jahre später spielte man in der Gauliga Mitte wieder mit, platzierte sich zweimal im Mittelfeld, jeweils hinter Jena. Nur noch 1943/44, im letzten Jahr des Bestehens dieser Liga, gelang es dann dem SC Erfurt mit einem Tabellenplatz vier vor Jena die Meisterschaft abzuschließen.

Die Gauliga Mitte konnte in der Saison 1944/45 aufgrund der Kriegsgeschehnisse nicht mehr ausgespielt werden. Zwar kam es noch einmal zu einer regionalen Aufgliederung der Liga, aber nach wenigen Spieltagen kam der Spielbetrieb im Herbst 1944 zum Erliegen.



Der Text ist ein Auszug aus: Michael Kummer: Die Fußballclubs Rot-Weiß Erfurt und Carl Zeiss Jena und ihre Vorgänger in der DDR. Ein Vergleich ihrer Bedingungen. Dissertation, Potsdam 2010.

Die Bilder stammen alle aus dem Archiv Olaf Schwertner.

Vielen Dank an Autor und Bildgeber.